‚Franziska Linkerhand‘: innere und äußere Schlachtfelder

Es mutete wie ein wahnwitziger Plan an – Kollege Dirk Lienig aus Hoyerswerda und ich, wir wollten uns an den monströsen Schinken von Brigitte Reimann wagen. (Ein Schreibfragment von 10 Jahren Arbeit, sie starb 39-jährig darüber im Februar 1973.) Ein Buch das mich umgehauen hat: a) die DDR ist wieder in mein Leben zurückgekehrt – dieser zerstörerische Aufprall von gefräßiger Liebe und sozialer Desillusion (was passiert mir denn gerade anderes?); b) ein umwerfender Reigen von Porträtskizzen; c) eine selten so erlebte, sprachliche Wucht von Ausbruch und Beschreibung; d) eine erzähltechnische Brillanz (was v.a. die perspektivischen Sprungkräfte betrifft). Usw. usf.

Ein Buch voller Schlachtfelder. Die Reimann, ein weiblicher Kleist. – Nun ja.

Kommen wir wieder auf unseren schlichten Plan zu sprechen: Dirk hatte einen sehr schönen Story-Einfall, den ich mir ins Ironische zu modifizieren erlaubte. Und nun kombinieren wir unsere rastlose Projektmacherei und das alles mit dem durstigen Tänzer-Rudel der Kulturfabrik aus Hoyerswerda – und wollen ein Spielfilm-Musical nach Kernmotiven der ‚Linkerhand‘ versuchen. Ich habe keine Ahnung, wie viel Überforderung da auf uns zukommt (den Schwanz kann man ja immer noch einklemmen)…

Das es nicht leicht werden würde, war klar. Die DEFA-Stiftung stimmte unserem Förder-Antrag für das Projekt nicht zu. Die Mittel, die sie verteilen kann, sind drastisch geschrumpft. Wir trösten uns damit, dass es vielleicht daran gelegen haben könnte und wir nicht dabei erwischt wurden, tote Hunde zu wecken.)

„Sein heißt in der Klemme sein“, schrieb Cioran mal, und damit hätten wir einen wichtigen Charakterstrich für unsere Figur (‚Franziska Linkerhand‘) gezogen, die uns hier eigentlich interessiert. Machen wir also Anleihen bei anderen, um die Figur zu verstehen, der wir auf die Spur kommen wollen (und fügen noch einen kratzigen Strich mit dem geliehenen Stift vom bitteren Rumänen hinzu):

„Der Wille hat niemals jemandem genützt: was man an Fraglichstem hervorbrachte, ist das, worauf man am meisten Wert gelegt und wofür man sich die meisten Entbehrungen auferlegt hat.“ So könnte man das auch benennen, wozwischen unsere Figur festhängt: Zwischen ihrem Willen und ihrem Fraglichsten.