Die Affäre (2009): Das fehlende Interesse am Unsympathischen

Die Affäre (2009) kommt wie ein klassischer Truffaut-Film daher. Stark wie sich die Affäre anbahnt zwischen der Arztgattin Susanne (Kristin Scott Thomas), die zwei fast erwachsene Kinder hat und gerade den Wiedereinstieg in ihren alten Beruf als Physiotherapeutin sucht und dem katalanischen Gelegenheitsarbeiter Ivan (Sergi Lopez), der nach einem Jahr Knast tapfer versucht Boden unter die Füße zu kriegen.

Wie ein Gewitter bricht es über die beiden her. Ich schaue fasziniert zu, wie hier Liebe „passiert“, Liebe wie man sie sich wenigstens einmal ins Buch der eigenen Lebenserfahrungen zu schreiben wünscht. Die unberechenbare Gier nach Leidenschaft, Irrationalität, Ausbruch und nach Konsequenz, den Weg der Veränderung zu Ende gehen ohne Rücksicht auf Verluste, ganz der Leidenschaft verpflichtet.

Das ist das Faszinierende an dem Film. Eine zeitlang.

Und dann wechselt der Motor der Story. Der Gegenpart der beiden, ein Dritter, wird zum unsympathischen, störenden Motor – der eifersüchtige, machtbesessene Arztgatte Samuel (Yvan Attal), der seine Frau nicht ziehen lassen will und an seinem Wahn nach Besitzstandswahrung festhält. 

Man ahnt als Suzanne ihrem Mann ziemlich zügig die Affäre gesteht, dass der Film eine böse Wendung, eine „altmodische“ Wendung nehmen wird. Es sei unbestritten, dass es solch „altmodische“ Männer noch gibt, die ihre Frauen nicht gehen lassen wollen. Und es mag sein, dass solch „altmodische“ Mittel wie erpresserischer Geld- und Wohlstandsentzug sowie eine bösartige Intrige nicht auch heute noch zur Anwendung kommen, um die romantische Beziehung von Suzanne und Ivan zu zerstören – und doch wirkt es altbacken und unzeitgemäß.

Ein Drama, das schließlich in der Erschießung des Arztgatten durch die verzweifelte Suzanne kulminiert, damit Ivan als Opfer einer Intrige nicht wieder in den Knast muss.

Zu wenig Interesse hat die Regisseurin Catherine Corsini an dem „Schuldigen“  (dem gehörnten Ehemann), am „Unsympathischen“ dieser Tragödie, der wie der Vertreter einer anachronistisches Spezies agiert, für die der echte Truffaut sich gewiss mehr interessiert hätte – als komisch-psychologisches Studienobjekt für derlei „negative“ Männer-Figuren im Drama-Dreieck einer Affäre.

Sogesehen ist der Film ist ein zu spät gekommener Truffaut-Film. Ein missglücktes Imitat.