Im sog. 4. Band des „Kapitals“ von Marx, den „Theorien über den Mehrwert“, gib es eine hübsche Abschweifung über ‚produktive Arbeit‘ (MEW 26.1, S. 363f):
„Ein Philosoph produziert Idee, ein Poet Gedichte, ein Pastor Predigten, ein Professor Kompendien usw. Ein Verbrecher produziert Verbrechen. Betrachtet man näher den Zusammenhang dieses letzten Produktionszweiges mit dem Ganzen der Gesellschaft, so wird man von vielen Vorurteilen zurückkommen. Der Verbrecher produziert nicht nur Verbrechen, sondern auch das Kriminalrecht und damit auch den Professor, der Vorlesungen über das Kriminalrecht hält, und zudem das unvermeidliche Kompendium, worin dieser selbe Professor seine Vorträge als ‚Ware‘ auf den allgemeinen Markt wirft…
Der Verbrecher produziert ferner die ganze Polizei und Kriminaljustiz, Schergen, Richter, Henker, Geschworene usw.; und alle diese verschiednen Gewerbeszweige, die ebenso viele Kategorien der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit bilden, entwickeln verschiedne Fähigkeiten des menschlichen Geistes, schaffen neue Bedürfnisse und Weisen ihrer Befriedigung. Die Tortur allein hat zu den sinnreichsten mechanischen Erfindungen Anlass gegeben und in der Produktion ihrer Werkzeuge eine Masse einsamer Handwerker beschäftigt.
Der Verbrecher produziert den Eindruck, teils moralisch, teils tragisch, je nachdem, und leistet so der Bewegung der moralischen und ästhetischen Gefühle des Publikums einen ‚Dienst‘. Er produziert nicht nur Kompendien über das Kriminalrecht, nicht nur Strafgesetzbücher und damit Strafgesetzgeber, sondern auch Kunst, schöne Literatur, Romane und sogar Tragödien, wie nicht nur Müllners ‚Schuld‘ und Schillers ‚Räuber‘, sondern selbst ‚Ödipus‘ und ‚Richard der Dritte‘ beweisen…
Bis ins Detail können die Einwirkungen des Verbrechers auf die Entwicklung der Produktivkraft nachgewiesen werden. Wären Schlösser je zu ihrer jetzigen Vollkommenheit gediehn, wenn es keine Diebe gäbe? Wäre die Fabrikation von Banknoten zu ihrer gegenwärtigen Vollendung gediehn, gäbe es keine Falschmünzer?… Und verlässt man die Sphäre des Privatverbrechens: Ohne nationale Verbrechen, wäre je der Weltmarkt entstanden? Ja, auch nur Nationen? Und der Baum der Sünde nicht zugleich der Baum der Erkenntnis seit Adams Zeiten her?“
Das ist die Anregung: Bis ins Detail die Ableitungen der ‚Produktivkraft‘ verfolgen oder rückwärts denken, auf ihre ursächliche Quelle hin, ganz gleich welcher Phänomene man sich gerade annähme.
Zum Beispiel so: Wenn man jetzt statt „Verbrecher“ „Arbeitsloser“ einsetzt…
Der „Arbeitslose“ hält ja auch tausende Menschen in Beschäftigung, die nicht beschäftigt wären, gäbe es die „Arbeitslosen“ nicht.
Die Bundesagentur für Arbeit ist einer der größten Arbeitgeber in Deutschland – mit 156 Arbeitsagenturen, mit 600 Dependancen und 400 Jobcentern, mit einem eigenem Forschungsinstitut, eine Führungsakademie und einer Hochschule.
Der „Arbeitslose“ erzeugt ferner Bildungsträger für Weiterbildung und Umschulung, er verschafft Wissenschaftlern, Psychologen, Sozialarbeitern, Coaches, Ärzten, Rechtsanwälten, Gerichten Beschäftigung und Einkommen.. sowie der Journaille und auch den schönen Künsten…